Anlässlich der aktuell wieder verstärkten Aufmerksamkeit für AIDS-Politiken und AIDS-Aktivismus in den Queer Studies und queerer Kunstproduktion erläutern die Filmemacherin und Kuratorin Karin Michalski und der Kulturwissenschaftler Todd Sekuler im Gespräch mit Anja Michaelsen die spezifische politische und ästhetische Bedeutung insbesondere von Videodokumentation und -kunst. Sie diskutieren einzelne im Kontext der AIDS-Bewegungen seit den 1980er Jahren entstandene Videos in Hinblick auf ihre ästhetischen Eigenschaften und auf die politischen und affektiven Verbindungen zur gegenwärtigen Situation. Was lässt sich möglicher Weise aus den damaligen Kämpfen und Strategien bezüglich der Politisierung von Wut und negativen Gefühlen und der Betonung kollektiven Protests lernen? Das Gespräch fand im Anschluss an die Veranstaltung mit Michalski und Sekuler AIDS. Aktivismus. Videokunst nach 1989 im Sommersemester 2014 am Institut für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum statt.
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Mary Shnayien: Der rosafarbene Elefant im Raum. Überlegungen zur fehlenden Wut über die NSA-Affäre
Die Politiken bebilderter Berichterstattung und die Temporalität unserer gegenwärtigen Aufmerksamkeitsökonomie betrachtend, wird den Fragen nachgegangen, wieso die Reaktionen auf die NSA-Affäre so oft von Zynismus oder Resignation gekennzeichnet sind oder sogar ganz ausbleiben, und wer eigentlich betroffen ist und reagieren sollte. Die Überlegungen sind der Versuch, die NSA-Affäre im Spannungsfeld von Technikverliebtheit und Blackboxing, den Bedingungen von Medienereignissen und Geheimdienstpraktiken, der Krise des Journalismus sowie unseren Gewohnheiten im Umgang mit der uns umgebenden rechnenden Umwelt zu situieren.
Nguyen Tan Hoang: I Got This Way from Eating Rice. Schwule asiatische Dokumentationen und die Umerziehung von Begehren
Dieser Artikel untersucht eine Gruppe experimenteller Dokumentationen schwuler asiatischer diasporischer Künstler in den 1990ern. Als Teil eines politischen Projektes um die Konstruktion schwuler asiatischer Männer als feminisiert, passiv und unter internalisiertem Rassismus leidend, versuchen diese Videos schwule asiatische Subjekte umzuerziehen, um die Passivität und Objektivierung, die in ‚interrassischen’ (weiß-asiatischen) Beziehungen vorausgesetzt wird, zurückzuweisen, zugunsten einer politischen Ermächtigung, begründet in gleichberechtigten (asiatisch-asiatischen) sticky rice-Beziehungen. Der Artikel argumentiert, in Gegenüberstellung der Analyse dieser Dokumentationen und einer Diskussion asiatischer lesbischer experimenteller Videos, dass die lesbischen Videos den disziplinierenden Drang der sticky rice-Dokumentationen herausfordern, indem sie die widerspenstigen Affekte von bottomhood und das Vergnügen an Unterwerfung erkunden. Mit dieser Behauptung anerkennt der Artikel die wichtige Intervention schwuler asiatischer Dokumentationen in rassifizierte sexuelle Repräsentationen; zugleich verweist er jedoch auf das Problem, für sexuelles Begehren Gesetze erlassen zu wollen und auf die Grenzen der Privilegierung von ‚Rasse’ über andere Modalitäten sozialer Differenz wie Klasse und Nationalität.
Angela Koch: Den visuellen Rahmen deuten
Rezension von Linda Hentschel: Bilderpolitik in Zeiten von Krieg und Terror. Medien, Macht und Geschlechterverhältnisse (unter Mitarbeit von Caroline Schubarth), Berlin 2008: b_books.
Der Sammelband Bilderpolitik in Zeiten von Krieg und Terror. Medien, Macht und Geschlechterverhältnisse, der 2008 von Linda Hentschel herausgegeben wurde, befasst sich mit den diskursiven und medientheoretischen Verschränkungen von Bild, Gewalt und Geschlecht. Er behandelt diesen Themenkomplex v.a. angesichts der veränderten politischen Ordnungen nach dem einschneidenden Ereignis 9/11, aber auch im historischen Rückblick auf Bilderpolitiken in politischen Umbruchsituationen.