Ausgehend von einem einzelnen Fall aus dem Archiv der Berliner Charité erkundet der Artikel die komplexe historische Situation der militärischen Gerichtspsychiatrie während des Ersten Weltkriegs. Im Zentrum der Fallstudie steht die Geschichte eines preußischen Offiziers und Grafen, der während des Krieges aufgrund eines homosexuellen Delikts von der Militärjustiz angeklagt und zur Erstellung eines gerichtspsychiatrischen Obergutachtens in die Berliner Charité aufgenommen wurde. Die Untersuchung der historischen Bedingungen in denen das Gutachten verfasst wurde macht deutlich, dass der Fall nicht nur an der Schnittstelle verschiedener Institutionen entstand, sondern auch durch die Überkreuzung unterschiedlicher Diskurse über Adel, Familie, Militär, Männlichkeit und Sexualität konstituiert wurde.