Wie kann an etwas erinnert werden, wovon es kaum Bilder gibt? Vor dieser Frage steht Victoria Linares Villegas in ihrem Film Lo Que Se Hereda, als sie den wenigen verbliebenen Spuren von Oscar Torres nachgeht. Oscar Torres war ein Regisseur in den 50er und 60er Jahren, homosexuell und Teil ihrer Familie, doch wurde er aus der Familiengeschichte verdrängt und ist in Vergessenheit geraten. Während im kontemporären queeren Kino eine Bewusstwerdung der eigenen queeren Geschichtlichkeit und die Koexistenz mehrerer queerer Generationen zu konstatieren ist, steht Linares Villegas hier vor einer Leerstelle. Aus ihrer Suche nach Bildern von Oscar wird eine Suche danach, wie gesucht und dargestellt werden kann.
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Nicola Przybylka: Life is Strange – ein „Game for Change“?
Digitale Spiele sind heutzutage nicht mehr aus der Medien- und Kulturlandschaft wegzudenken. Mit dem Motto „Vielfalt gewinnt“ untermauerte die Gamescom 2018 die Diversität und Liberalisierung ihrer Produkte und Community. Trotz eines aufstrebenden Sektors der Indie Games, lässt der reale Rückgriff auf altbewährte Narrationen und Spieldesigns diese „Vielfalt“ jedoch noch immer vermissen. Die Games for Change Awards wollen das gesellschaftskritische und politische Potential von digitalen Spielen fördern. Im Jahr 2016 zeichneten sie das episodenhaft angelegte, interaktive Story-Game Life is Strange (2015) in den Kategorien „Game of the Year“ und „Most Significant Impact“ aus. Dieser Beitrag soll untersuchen, inwiefern Life is Strange mit der konventionellen, optischen und charakterlichen Darstellung von Frauen in digitalen Spielen bricht und sich mit der klaren Benennung von gesellschaftlich tabuisierten Themen von gängigen Top-Titeln abhebt. Auch die Ebene des Spieldesigns wird dabei in den Blick genommen und die im Regelwerk eingeschriebene Art der Involvierung des_der Spieler_in kritisch betrachtet.
Carina Kötter, Mareike Meis: Ganz schön schwanger. Schönheitspraktiken und Körpertechnologien in der Schwangerschaft
In der Schwangerschaft werden Frauen angesichts der damit einhergehenden körperlichen Veränderungen verstärkt zur Arbeit am eigenen Körper aufgerufen. Die Bedeutung je historisch spezifisch weiblicher Schönheitsideale und damit verbundener Körpertechnologien sowie Modepraktiken in der Schwangerschaft wird beispielhaft in der Gegenüberstellung zweier Modefotografien aus den 1960ern und der Gegenwart untersucht, wobei Fotografie als regulierendes und stabilisierendes Repräsentationssystem begriffen wird. Es zeigt sich, dass eine in der Vergangenheit vorherrschende Kaschierung des schwangeren Körpers heute durch eine Ausstellungspraxis abgelöst wird, die erst durch die Anwendung von etablierten Körpertechnologien wie gesunder Ernährung und Fitness möglich wird.
Katarzyna Gorska: Schnitte in das Reale. Pierre Moliniers Fotomontage
Im Zentrum von Pierre Moliniers Arbeit Mandrake se regale steht, ähnlich wie in anderen seiner Arbeiten, die explizite Darstellung sexueller Handlungen. Ist die Arbeit deswegen als pornographisch einzuordnen, weil sie sich zu deutlich über die Sexualität äußert? Die Beachtung der Technik der Fotomontage, der sich Molinier bedient hat, lässt die Arbeit in einem anderen Licht erscheinen. Die Begriffe Pornographie, Sexualität und der legitime Körper werden unter dieser Perspektive nicht mehr so scharf konturiert. Aber auch das so oft beschwörte indexikale ‚Wesen’ der Fotografie erscheint in der Konfrontation mit der Montagetechnik weniger selbstverständlich.
Sabrina Kühn: Jürgen Klaukes Self Performance
Die Fotosequenz Self Performance von 1972/73 ist eine bekannte und viel beachtete Arbeit des Frühwerks Jürgen Klaukes. In dreizehn Einzelfotografien inszeniert der Künstler in oft sehr drastischer Weise Körper und Geschlecht. Hierzu benutzt er zum Teil Kleidung und Make-up, um Weiblichkeitsmaskeraden zu erzeugen und seine Männlichkeit zu verundeutlichen. Das eigentliche irritierende Moment der Fotografien sind jedoch die zahlreichen Genitalprothesen, die der Geschlechterinszenierung oft groteske Züge verleihen. Zum Einsatz kommen kissenförmige Vaginalplastiken oder auch kleine bis riesenhaft vergrößerte Stoffhörner, die sowohl Phallusassoziationen zulassen, als auch an eine weibliche Brust erinnern.
Im Artikel soll der Geschlechterinszenierung nachgegangen werden, wobei ein Schwerpunkt auf der Analyse des Gebrauchs der Fotografie liegt. Bereits auf der Ebene der Darstellung wird mittels Maskerade, Genitalprothesen usf. ein Changieren zwischen den Geschlechtern, also ein geschlechtlich binär kodiertes Körperbild erzeugt. Diese Form einer Gleichzeitigkeit von Geschlechtlichkeit wird dabei auf medialer Ebene durch den Einsatz der Fotosequenz fortgesetzt. Die Mehrteiligkeit einer Fotosequenz kann zwar eine Narration bewirken, muß jedoch nicht zwangsläufig Linearität bedeuten. Viel häufiger erzeugt sie Formen von Gleichzeitigkeit des Dargestellten, so dass das Nebeneinander beider Geschlechter an einem Körper in Self Performance im Prinzip der Gleichzeitigkeit der Fotosequenz auf der medialen Ebene aufgegriffen und fortgeführt wird.
Angela Koch: sunsettings – millionenfach
Der Sonnenuntergang gehört sicherlich zu den meist fotografierten Motiven der Gegenwart. Er gilt als Inbegriff des Natur-Schauspiels. Sein fotografisches Bild trägt zur fortwährenden Inszenierung dieses „Spiels aus Licht und Schatten“ als Abbild des Unendlichen bei und bleibt doch nichts anderes als Schein. Der Schein aber verweist auf ein Begehren nach dem Anderen, dem Exotischen und dem Abgrund, der sich sowohl im thanatografischen Moment der Fotografie wie des Sonnenuntergangs selbst zeigt. Das fotografische Bild vom Sonnenuntergang ist daher als Supplement zum Heimatbild bzw. zur Heimatpostkarte zu verstehen als Ausdruck und Zeichen der Uneigentlichkeiten des Selbst.
Nina Selig: Was mache ich eigentlich hier!? Mediale Erfahrungen der Fremde
In dem Artikel, wird, exemplarisch an der Fotografie, der Frage nachgegangen, inwieweit ein Einfluss von Medien in der Formierung einer bestimmten Sehweise zu erkennen ist. Es wird versucht dies mit der, von Georg Franck so bezeichneten, „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ engzuführen. Denn [w]ir erleben nicht einfach, was uns die Umwelt oder die Hintergrundtätigkeit der Assoziation präsentieren; wir erleben, worauf wir achten beziehungsweise zu achten gelernt haben“ (Franck, 1998, 58). Mit diesem Verständnis von Selektion wird das Verhältnis zwischen Reisefotografie und den durch sie bedingten Reiserouten untersucht.