Der vorliegende Beitrag fragt anhand eines „Coming Out as asexual“-Vlogs, ob, und wenn ja, inwiefern asexuelle Individuen im Kreuzfeuer von Geständniszwang und permanenter Überwachung eine (potentiell widerständige) Handlungsmacht finden und artikulieren können, wobei das Augenmerk vor allem auf narrative und ästhetische Strategien gerichtet sei, die durch eine gewisse ‚Verspieltheit‛ subversive Kräfte zu entwickeln vermögen. Im Rückgriff auf Grundthesen einer (angloamerikanisch zentrierten) Queer Theory offenbart sich in diesem Zuge nicht nur ein heteronormatives Zeichensystem als ungemein wirkmächtig, sondern es wird darüber hinaus eine noch viel weitreichendere sexual-normative Struktur offen gelegt, die ein Denken, Artikulieren und Repräsentieren von Asexualität erschwert, wenn nicht geradezu verunmöglicht.
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Angela Rabing: Melancholie und Identität in dem Film I’m Not There von Todd Haynes
Melancholie steht im Zusammenhang mit sozialen Zwängen und Konventionen bezüglich der Identitätsbildung. Die Figuren in den Filmen von Todd Haynes zeigen mögliche Entwürfe jenseits von heteronormativen Identitätsbildern. In I’m Not There entwickelt er eine Biografie des Musikers Bob Dylan in Fragmenten und an den Rändern hegemonialer Männlichkeit. Die so entworfenen (un)möglichen Männlichkeits- und Identitätskonzepte lassen sich als queer und melancholisch beschreiben und zeigen, wie Melancholie die Grenzen binärer und hierarchischer Strukturen unterläuft.
Sarah Horn: Narrative Ordnungsmuster – ‚geordnetes‘ Geschlecht? Zur medialen Herstellung der Eindeutigkeit von Geschlecht und Strategien der Verunklarung in autobiografischen Erzählungen
Wenn in Kontexten von Trans*-Identitäten der (eigene) Körper zum Thema wird, was macht ihn zu einem ‚richtigen‘ oder ‚falschen‘? Wie verfestigt sich insbesondere in biografischen Erzählungen die Vorstellung, dass jede_r von uns über ein einziges, ‚wahres’ Geschlecht verfüge und auch, dass dieses über den Körper zum Ausdruck käme? Mit Rückgriff auf Überlegungen aus der Queer Theory werden am Beispiel der Tagebücher von Alexina Barbin und dem Dokumentarfilm She’s a boy I knew narrative Ordnungsmuster biografischer Erzählungen ebenso sichtbar wie Möglichkeiten einer Veruneindeutigung von Geschlecht.
Maxi Braun: „The goddamn Hope Diamond of transsexuals“. (Trans-)Sexualität in der US-amerikanischen Neoserie Nip/Tuck
Durch medizinischen und technologischen Fortschritt sehen wir uns mit einer neuen Kontingenz des Körpers konfrontiert, wodurch auch der Subjektbegriff in die Krise geraten ist. Die US-amerikanische Fernsehserie Nip/Tuck (2003-2010) reflektiert aufgrund des Sujets, der Narration und der filmischen Ästhetik dieses Spannungsverhältnis zwischen äußerer Hülle und innerem Kern. Anhand des in Nip/Tuck wiederkehrenden Motivs der Transsexualität zeigt der Artikel, wie die Serie den Subjektbegriff hinterfragt, dekonstruiert und ein neues neoserielles Subjekt präsentiert, das Körper und Selbst miteinander versöhnt.
Anja Michaelsen, Masayo Kajimura: Zur beruhigenden Gleichzeitigkeit verschiedener Realitäten. Ein Gespräch mit Masayo Kajimura und Statements von Monira Al Qadiri, Jeanno Gaussi und Sookoon Ang
Masayo Kajimura und Anja Michaelsen sprechen, ausgehend von Kajimuras eigener künstlerischer und kuratorischer Arbeit, über den Zusammenhang zwischen audiovisuellen Mitteln und Affizierung. Kajimura hat im Juni 2013 im C60 Collaboratorium für kulturelle Praxis, Bochum, eine mehrteilige Veranstaltungsreihe [Gefühle zeigen] Materialität, Transkulturalität und Öffentlichkeit im Experimentalfilm aktuelle europäische und asiatische Videokunst vorgestellt. Im Gespräch hier erläutert sie ihre Ästhetik paralleler Wirklichkeiten und was ein genaues Hinsehen mit einer migrantischen Situation zu tun hat. Ergänzt wird das Gespräch durch Statements dreier Künstlerinnen zu Entstehung, Ästhetik und Konzept der Videos, die im Rahmen der Reihe gezeigt wurden: Monira Al Qadiri gibt Auskunft zu Oh torment (Wa waila) (Kuwait 2008), Jeanno Gaussi zu Three Notes (Deutschland/Afghanistan 2007) und Sookoon Ang zu Xiao Fu (Singapur 2009).
Sara Ahmed: „Wenn sie nicht aufpasst, wacht sie eines schönen Tages auf und ist ein Nigger“. Passing durch Hybridität
In diesem Artikel untersuche ich rassifizierte Narrative von passing und ihre Beziehung zu Diskursen von Hybridität. Anstatt passing als inhärent transgressiv oder als auf der einen oder der anderen Seite von Identitätspolitik zu definieren, argumentiere ich, dass passing in Bezug zu Formen sozialer Antagonismen verstanden werden muss. Ich stelle folgende Fragen: Wie werden Differenzen, die das System bedrohen, wiederhergestellt? Wie werden uneindeutige oder hybride Körper auf eine Weise gelesen, die weiterhin die enunziative Macht derjenigen unterstützt, die die Differenz benennen? Auf welche Weise ist ‚passing’ in genau diesen Diskurs um das Benennen von Differenzen einbezogen? Auch wenn alle Identitäten bis zu einem bestimmten Grad passing beinhalten – insofern das Subjekt nie ‚ist’, wie es sich selbst zu sein ‚abbildet’ – müssen wir dennoch die Differenzen zwischen passing als weiß und passing als schwarz theoretisieren. Ich argumentiere, dass für eine weiße Person das passing als schwarz als eine Wissenstechnik fungieren kann, die davon ausgeht, dass sich ‚Schwarzsein’ abbilden und folglich auch ‚sein’ lässt. Jedoch können schwarze Subjekte, die es ablehnen, als weiß ‚durchzugehen’ – das heißt, schwarze Subjekte, die als schwarz ‚durchgehen’ – die gewaltsamen Geschichten sichtbar machen, die durch die Unsichtbarkeit der Spur von passing verborgen werden. Ein solcher Prozess des ‚Durchgehens’ als schwarzes Subjekt ist an eine Politik des Kollektivs gebunden – an das Zusammenkommen durch die Anerkennung dessen, was fehlt und wodurch passing überhaupt erst hervorgebracht wird.
Julia Figdor: „Mit einer Zeitung gegen das fresssüchtige Patriarchat zu kämpfen ist eine Form der Tat“ Die Hamburger Frauenzeitung
Feministische Zeitschriften sind ein marginalisierter Gegenstand im Bereich der medien- und kommunikationswissenschaftlichen Forschung sowie der sozialen Bewegungsforschung. Zumeist werden sie in diesen Diskursen unter dem Begriff ‚Gegenöffentlichkeit’ thematisiert. Diese Reduzierung vernachlässigt jedoch die für die feministische Bewegung konstitutive Funktion der vielfältigen Zeitschriftenproduktion. Feministischen Zeitschriften sind in die selbstreflexive Praxis der Frauenbewegung eingebunden und in die Kritik tradierter Konzepte von Gemeinschaft, Öffentlichkeit und Identität, gleichwohl sie auf diese gleichzeitig rekurrieren und diese (neu) konstituieren müssen. Der Artikel beschäftigt sich mit der These, dass die lokalen feministischen Zeitschriften eine Schnittstelle für die Veränderung der Ebenen von Gemeinschaft, Öffentlichkeit und Identität in der feministischen Bewegung darstellen und dass sich diese Veränderung, in Anlehnung an Manuel Castells, als Wandel von einer Widerstandsidentität in eine Projektidentität beschreiben lässt. Diese These wird anhand einer inhaltsanalytischen Untersuchung der Hamburger Frauenzeitung geprüft.