Constanze Stutz: Sich radikal in der eigenen Zurichtung fühlen können – Über pop-feministische Erfahrungsliteratur, unmögliche Emanzipation und das notwendige Scheitern der Form

Constanze Stutz: Sich radikal in der eigenen Zurichtung fühlen können – Über pop-feministische Erfahrungsliteratur, unmögliche Emanzipation und das notwendige Scheitern der Form

Populäre Texte über Feminismus und weibliche Erfahrung in der Gegenwart von Autorinnen wie Laurie Penny und Margarete Stokowski beginnen bei ihrer eigenen Gewordenheit: Wie wurde ich von dieser Gesellschaft zur Frau gemacht und was kann ich gegen die Gewalttätigkeit tun, die diesem Prozess immer auch eingeschrieben ist? Ihre feministische Erfahrungsliteratur ist dabei zugänglich, unterhaltend und kathartisch in der Darstellung des beißenden Unbehagens mit der eigenen weiblichen Subjektwerdung in einer patriarchal-kapitalistischen Gesellschaft. Vieles von dem, was sie schreiben ist richtig und notwendig. In letzter Konsequenz bleiben beide jedoch bei einer individualistischen Herstellung von Handlungsfähigkeit stehen, deren Befreiungsversuche allein vereinzelte Strategien des weiblichen Empowerments anbieten.
Der Artikel vermisst daher das Verhältnis von Erfahrung als Selbsterfahrung und Erfahrung als Grundlage für individuelle und gesellschaftliche Veränderung in populärer feministischer Literatur und geht durch eine Analyse der Funktion von Erfahrung im Schreiben von Laurie Penny und Margarete Stokowski dem widersprüchlichen Verhältnis von Pop und Feminismus in der Gegenwart nach.

Silvana Schmidt: „Was ist dein Streik?“ Überlegungen zu einer neuen Widerstandskultur

Silvana Schmidt: „Was ist dein Streik?“ Überlegungen zu einer neuen Widerstandskultur

„Was ist dein Streik?“ – diese Frage wirft das Autorinnenkollektiv Precarias a la Deriva auf. Im Zentrum des Manifestes steht die Frage nach einer Strategie zur kollektiven Bekämpfung prekarisierender Lebenszusammenhänge. Dabei wird auf einen Begriff der Prekarität zurückgegriffen, der den Fokus nicht ausschließlich auf ökonomische Aspekte lenkt und damit eine Abweichung von vielen sozialwissenschaftlichen Analysen darstellt. Der vorliegende Artikel möchte sich diesem Verständnis der Prekarität annähern und aufzeigen, welche Parallelen zu Judith Butlers Ontologie des Subjekts erkennbar sind. Interessant ist dabei die Thematik einer feministischen Widerstandskultur im Bereich der CARE-Arbeit. Was bedeutet es, innerhalb eines Feldes zu streiken, das auf Sorgearbeit basiert? Muss es in diesem Rahmen zu einer Neudefinition des politischen Subjekts kommen?

Maxi Braun: „The goddamn Hope Diamond of transsexuals“. (Trans-)Sexualität in der US-amerikanischen Neoserie Nip/Tuck

Maxi Braun: „The goddamn Hope Diamond of transsexuals“. (Trans-)Sexualität in der US-amerikanischen Neoserie Nip/Tuck

Durch medizinischen und technologischen Fortschritt sehen wir uns mit einer neuen Kontingenz des Körpers konfrontiert, wodurch auch der Subjektbegriff in die Krise geraten ist. Die US-amerikanische Fernsehserie Nip/Tuck (2003-2010) reflektiert aufgrund des Sujets, der Narration und der filmischen Ästhetik dieses Spannungsverhältnis zwischen äußerer Hülle und innerem Kern. Anhand des in Nip/Tuck wiederkehrenden Motivs der Transsexualität zeigt der Artikel, wie die Serie den Subjektbegriff hinterfragt, dekonstruiert und ein neues neoserielles Subjekt präsentiert, das Körper und Selbst miteinander versöhnt.

Jasmin Degeling: Zeitgenössische Praktiken von Subjektivierung. Konsumismus, Kybernetischer Kapitalismus und Repräsentationskritik in Anschluss an Tiqquns Figur der Jungen-Mädchen

Jasmin Degeling: Zeitgenössische Praktiken von Subjektivierung. Konsumismus, Kybernetischer Kapitalismus und Repräsentationskritik in Anschluss an Tiqquns Figur der Jungen-Mädchen

Ausgang dieser Überlegungen ist die 2009 auf deutsch erschienene Collage Grundbausteine einer Theorie des Jungen-Mädchens, deren Autor Tiqqun heißt – womit entweder ein unabhängig veröffentlichtes, vergriffenes Textkonglomerat gemeint ist oder eine Gruppe Pariser Aktivist/innen. Der Theorieentwurf beschreibt eigentlich keine Figur, sondern kartographiert ein Dispositiv von Äußerungen, Semantiken, Beschreibungsweisen und Bildern, welches eine spezifische Subjektivierungsweise hervorbringt. Diese ist vermarktungswillig und libidoökonomisch: Sie affirmiert unsere konsumistischen Bilderwelten und überträgt den von Marx beschriebenen Fetischcharakter der Ware auf die Art und Weise zeitgenössischer Selbsteinrichtungen und Selbst-Körper-Verhältnisse.

Bianca Becker, Jennifer Eickelmann: Kontrollverlust – Zum Zusammenhang moderner Informationstechnologien und medialer Gewalt

Bianca Becker, Jennifer Eickelmann: Kontrollverlust – Zum Zusammenhang moderner Informationstechnologien und medialer Gewalt

Postmoderne Subjekte nutzen die alltäglichen Datenobservations- und Daten(re)produktionstechnologien zum Zweck der Konstitution des eigenen Selbst. Selbstinszenierende Aufzeichnungen fungieren mehr und mehr als Mittel, um aus der ‚Passivität‘ einer verobjektivierenden Kontrollgesellschaft herauszutreten. Jedoch erwachsen aus der neu gewonnenen ‚Freiheit‘ zur fortschreitenden medialen Individualisierung und Selbstgenese gleichwohl die den neuen Medien inhärenten ‚Tücken‘. Im Aufsatz soll mediale Gewalt im interaktiven Kontext eines sich verflüchtigenden Kontrollverlustes dechiffriert werden.