Zu dieser Ausgabe
„Was hilft mir das am Morgen beim ersten Blick in den Spiegel.“ Das Politische in Marlene Streeruwitz’ Wunschzeit Tim Niklas Christmann
Zwischen weiblicher und männlicher Identität. Zum Selbstbild George Sands in ihren Briefen Heike Jaskolka
Die Diebin. Zur Konstitution einer Figur um 1900 Sabine Schneider
„Mit einer Zeitung gegen das fresssüchtige Patriarchat zu kämpfen ist eine Form der Tat“ Die Hamburger Frauenzeitung Julia Figdor
Vergemeinschaftung der arabischen „Nation“ durch Satellitenfernsehen? Die Bedeutung der Al Jazeera Moderatorinnen Schirin Salem
Zu dieser Ausgabe
„Was hilft mir das am Morgen beim ersten Blick in den Spiegel.“ Das Politische in Marlene Streeruwitz’ Wunschzeit
Tim Niklas Christmann
In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit Marlene Streeruwitz’ Hörstück aus dem Jahr 2005. Auf inhaltlicher und technisch-formaler Ebene ist Wunschzeit. ein überraschendes, unkonventionelles, ein ungewohntes Hörspiel. Es unternimmt den Versuch, sich einem anderen Sprechen zu öffnen, einem weiblichen Sprechen, und sich von patriarchalen Strukturen frei zu machen. In diesem Versuch arbeitet ein genuin politischer Gestus. Es geht in ihrer Arbeit um Wahrnehmung und Wahrnehmbarkeit. Es geht um Freiheit und Befreiung. Es geht um Handeln. Veränderung. Selbst-Erkenntnis. Selbst-Verantwortung. Selbst-Bewusst-Sein.
Zwischen weiblicher und männlicher Identität. Zum Selbstbild George Sands in ihren Briefen
Heike Jaskolka
„Aber was für eine Vorstellung haben Sie denn von den Frauen, Sie, die Sie vom dritten Geschlecht sind?“, schrieb Gustave Flaubert im Jahre 1868 an George Sand. Nicht nur das Antwortschreiben sondern die gesamte Korrespondenz der Schriftstellerin gibt Aufschluss über ihr Frauenbild und offenbart gleichsam, wie sie sich selbst wahrnahm und wahrgenommen werden wollte. Die von Flaubert deklarierte Zuordnung zum „dritten Geschlecht“ evoziert dabei die Frage nach Sands eigener Verortung innerhalb der Geschlechtsidentitäten. Verstand sie sich selbst als „homme-femme“, als hermaphroditisches Wesen?
Die Diebin. Zur Konstitution einer Figur um 1900
Sabine Schneider
Das Thema dieses Aufsatzes ‚Die Diebin. Zur Konstitution einer Figur um 1900’ ist die im kriminologischen Diskurs um 1900 erschaffene Figur der ‚Diebin’. Der Aufsatz nimmt mit der ‚Warenhausdiebin’ die Verknüpfung von Geschlecht, Klasse und Devianz in den Blick. Zwei Fragen sind zentral. Worauf zielt der Diskurs? Welche Funktion erfüllt die ‚Diebin’? Die Methode, mit der eine Annäherung an die ‚Diebin’ erfolgt, ist eine historische Diskursanalyse wie sie Achim Landwehr in Anlehnung an Michel Foucault vorschlägt.
„Mit einer Zeitung gegen das fresssüchtige Patriarchat zu kämpfen ist eine Form der Tat“ Die Hamburger Frauenzeitung
Julia Figdor
Feministische Zeitschriften sind ein marginalisierter Gegenstand im Bereich der medien- und kommunikationswissenschaftlichen Forschung sowie der sozialen Bewegungsforschung. Zumeist werden sie in diesen Diskursen unter dem Begriff ‚Gegenöffentlichkeit’ thematisiert. Diese Reduzierung vernachlässigt jedoch die für die feministische Bewegung konstitutive Funktion der vielfältigen Zeitschriftenproduktion. Feministischen Zeitschriften sind in die selbstreflexive Praxis der Frauenbewegung eingebunden und in die Kritik tradierter Konzepte von Gemeinschaft, Öffentlichkeit und Identität, gleichwohl sie auf diese gleichzeitig rekurrieren und diese (neu) konstituieren müssen. Der Artikel beschäftigt sich mit der These, dass die lokalen feministischen Zeitschriften eine Schnittstelle für die Veränderung der Ebenen von Gemeinschaft, Öffentlichkeit und Identität in der feministischen Bewegung darstellen und dass sich diese Veränderung, in Anlehnung an Manuel Castells, als Wandel von einer Widerstandsidentität in eine Projektidentität beschreiben lässt. Diese These wird anhand einer inhaltsanalytischen Untersuchung der Hamburger Frauenzeitung geprüft.
Vergemeinschaftung der arabischen „Nation“ durch Satellitenfernsehen? Die Bedeutung der Al Jazeera Moderatorinnen
Schirin Salem
Der Artikel befasst sich mit Vergemeinschaftung in der arabischen Welt und geht der Frage nach, ob diese durch eine Art übergreifend identitätsstiftendes Nationalgefühl vermittelt wird. Ausgehend von einer Kombination diverser Theorien (u.a. von Fatima Mernissi, Benedict Anderson und Silke Wenk) wird – analog zu weiblichen Allegorien der westlichen Welt, wie etwa der Germania – nach aktuell präsenten Nationsrepräsentantinnen der arabischen Welt gefragt. Dabei wird die Brücke zu den Frauenbildern innerhalb der gegenwärtig wahrscheinlichsten Repräsentationsplattform von Nation geschlagen: den Massenmedien, hier der Sender Al Jazeera. Daraus ergibt sich folgende Leitfrage für den Verlauf des Artikels: Könnte Gemeinschaft in arabischen Medien durch Al Jazeeras ‚Frontfrauen’ repräsentiert werden?