Ausgabe #21 (Juni 2018)

Einleitung: Die „jüngere Queerfeminist*in“ spricht. Jasmin Degeling, Astrid Deuber-Mankowsky, Sarah Horn, Mary Shnayien
„Queer“ aufs Spiel gesetzt: Über Beißreflexe, queere Bewegungsgeschichte und gegenwärtige Affektkulturen. Jasmin Degeling, Sarah Horn
Queerfeminismus. Ideen, Positionen und Aktionen. Laura Chlebos, Silvana Schmidt, Johanna F. Ziemes

„Ihr glaubt mir nicht.“: ein Ort, viele Realitäten. Pia Blank, Robin Quader, Charlotte Rohde
„Moonlight isn’t all about sex – and it’s all the more queer for it“: Sichtbarkeit und neue ästhetische Potentiale im gegenwärtigen Queer Cinema. Philipp Hanke
Die Abschaffung der Netzneutralität, oder: Die Kolonialisierung digitaler Räume. Carolin Rolf, Mary Shnayien


Zu dieser Ausgabe

Die #21 des onlinejournal kultur & geschlecht ist ein queeres Jubiläum, und eine Sonderausgabe mit einer kollektiven Herausgeber*inschaft: Sie steht ganz im Zeichen der Verbindung von queerem Aktivismus und Queer Theory. Sie reagiert auf aktuelle Diskussionen und zeigt die Vielfalt möglicher Formen von queerem Aktivismus, den kritischen Einsatz von „queer“ sowie dessen methodische und theoretische Produktivität.

Einleitung: Die „jüngere Queerfeminist*in“ spricht.

Jasmin Degeling, Astrid Deuber-Mankowsky, Sarah Horn, Mary Shnayien

 

„Queer“ aufs Spiel gesetzt: Über Beißreflexe, queere Bewegungsgeschichte und gegenwärtige Affektkulturen

Sarah Horn, Jasmin Degeling

Welche Zukunft hat „queer“? Die jüngste Debatte um das Potential der Queer Theory im deutschsprachigen Raum, maßgeblich angestoßen durch den Sammelband Beissreflexe, erscheint geprägt von einer „Kritik an queerem Aktivismus und autoritären Sehnsüchten“, die sich wenig mit queerer Theoriebildung auseinandersetzt, und sich gleichzeitig als anschlussfähig an gegenwärtige Populismen und antifeministische Ressentiments erweist. Der Artikel geht den Affektpolitiken nach, die in diesen Communities und medialen Gefügen aufgerufen werden, und versucht über eine entsprechende Situierung der einzelnen Beiträge und ihrer Argumente mittels Queer Theory eine kritische Aufarbeitung der derzeitigen Debatte.

Editorische Notiz (Oktober 2019)

Queerfeminismus. Ideen, Positionen und Aktionen

Laura Chlebos, Silvana Schmidt, Johanna F. Ziemes

,Der’ Queerfeminismus ist eine herrschaftskritische Strömung des Feminismus, die neue theoretische und aktivistische Impulse setzt. Sie legt einen besondere Wert auf die Validierung unterschiedlicher Identitäten. Dies kann als Verlust des politischen Kollektivsubjekts ‚Frau’ gedeutet werden, welcher zu anspruchsvollen Konflikten führt. In diesem Artikel werden die Kontroverse um dieses Dilemma kurz nachgezeichnet. Außerdem werden aktivistische lokal verortete Beispiele, von queeren YouTube-Formaten bis hin zu intersektionalen Offline-Events, vorgestellt, welche es produktiv bewältigen.

„Ihr glaubt mir nicht.“: ein Ort, viele Realitäten.

Pia Blank, Robin Quader, Charlotte Rohde

Der Dortmunder Norden verzeichnet die Geschichte der Migrationsbewegungen des Ruhrgebiets. Er gilt als sozialer Brennpunkt, und wird daher zum Ziel von Ordnungs- und Biopolitiken, die ihn als „kriminogenen Ort“ definieren. Im Gespräch mit zwei Bewohnern der Dortmunder Nordstadt wird der Versuch einer Auseinandersetzung mit dem rassistischen Ausnahmezustand in diesem Stadtteil unternommen: Anhand eines konkreten Anlasses im Oktober 2017, bei welchem linke Proteste gegen als rassistisch kritisierte Polizeikontrollen zu mehreren Verhaftungen führten und eine lokale Debatte auslösten, die seismographisch den zeitgenössischen Diskurs um Sicherheit und Ordnung, Migration und die damit verbundenen Politiken verzeichnete, versucht dieser Artikel die Debatte zu verknüpfen mit Erfahrungen des alltäglichen Erlebens und Überlebens in der Stadt. Die differenten Perspektiven und Erfahrungen des Alltags erweisen sich dabei als verflochten mit der stadträumlichen und sozialen Segregation. Gerade aufgrund dieser Differenzen stellt sich die Frage, wie die je situierten Erfahrungen solcher gegenwärtigen sozialen Realitäten zusammengeführt, und der strukturellen Unsichtbarkeit dieser entgegengewirkt werden kann.

„Moonlight isn’t all about sex – and it’s all the more queer for it“: Sichtbarkeit und neue ästhetische Potentiale im gegenwärtigen Queer Cinema

Philipp Hanke

Das gegenwärtige Queer Cinema wird regelmäßig zum Mittelpunkt von Debatten um die Sichtbarkeit von LGBTQI-Figuren und die Repräsentation queeren Begehrens. Insbesondere die (fehlende) Darstellung nicht-heterosexueller Sexualität führt Kritiker_innen zu pessimistischen Einschätzungen des Potentials und der Zukunft eines politischen queeren Kinos. Der Aktivismus des New Queer Cinema scheint angesichts gewonnener Kämpfe und einer fortschreitenden Kommerzialisierung vergessen. Doch eine Revision und genauere Betrachtung des NQC zeigt, dass das ‚Projekt Queer‘ nie immer nur um Repräsentation bemüht war, sondern Identitätskonzepte hinterfragte und neue Formen von Begehren denkbar machte – Ziele, die in Filmen wie etwa Barry Jenkins‘ Moonlight (2016) durch das Spiel mit Ästhetik und der filmischen Sprache erneut aufscheinen und deutlich machen, dass sich nicht (allein) die Filme ändern müssen, sondern die Art und Weise, wie wir sie sehen.

Die Abschaffung der Netzneutralität, oder: Die Kolonialisierung digitaler Räume

Carolin Rolf, Mary Shnayien

Mit der Abschaffung der Netzneutralität in den USA im Dezember 2017 wurden in der internationalen Debatte Interessenskonflikte bezüglich der Regulierung des Internets für eine breitere Öffentlichkeit sichtbar. Der Artikel gibt eine Einführung in die technischen Grundprinzipien des Internets und die Voraussetzungen von Netzneutralität und diskutiert auf dieser Basis verschiedene aktivistische Positionen anhand der Beispiele von queerem Aktivismus in den USA und dem Kampf für ein netzneutrales Internet in Indien, der unter dem Begriff des digitalen Kolonialismus geführt wird.