Ausgabe #26 (Februar 2021)

Paris, Berlin, Bitterfeld – ein Modemagazin für DDR-Frauen Ariane Lösch
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern bezüglich der Care-Arbeit und der Arbeitssituation in Deutschland Leonie Schraub
‚Mein Handy hat schon Covid-19!‘ – Überlegungen zum digitalen Faschismus unter Bedingungen der Corona-Pandemie Jasmin Degeling, Hilde Hoffmann, Simon Strick
Männlichkeiten queeren mit Paul B. Preciado Sarah Horn


Zu dieser Ausgabe

Die Winterausgabe #26 des onlinejournal kultur&geschlecht legt einen Schwerpunkt auf die inzwischen seit einem Jahr andauernde Corona-Pandemie, die aus einer medienkulturwissenschaftlichen Perspektive zahlreiche neue Fragen aufwirft, die einer dringenden Bearbeitung bedürfen. So erscheint die Pandemie als Katalysator für das rapide Erstarken des Phänomens des digitalen Faschismus, ebenso wie sie als Grundbedingung für eine veränderte Arbeitssituation wirkt, die geschlechtsspezifische Ungleichheiten wie bspw. die Gender Pay-Gap weiter verstärkt. Ergänzt wird die Ausgabe von einer Diskussion aktueller queertheoretischer Perspektiven auf Männlichkeiten sowie einer Analyse der gesellschaftspolitischen Rolle von Modezeitschriften in der DDR.

Jasmin Degeling, Hilde Hoffmann, Simon Strick diskutieren in ihrem gemeinsamen Beitrag unterschiedliche Perspektiven auf die ersten Diagnosen zum Erstarken von digitalem Faschismus und seinen medialen Bedingungen, sowie zu seiner besonderen Dynamik während der Corona-Pandemie und unterstreichen damit die Dringlichkeit medienkulturwissenschaftlicher Forschung in diesem Feld. Der Beitrag geht zurück auf ihr gleichnamiges Panel im Rahmen der letztjährigen Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM), die im September/Oktober 2020 unter Pandemiebedingungen als Onlinekonferenz vom Institut für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum ausgerichtet wurde.

Leonie Schraubs Untersuchung zu Care-Arbeit und der Arbeitssituation in Deutschland unter Pandemiebedingungen fragt nach den Auswirkungen dieser auf die geschlechtsspezifischen Ungleichheiten bezüglich Arbeitspensum und Lohnerhalt und beleuchtet die medialen Repräsentationen und Diskursivierungen dieser Effekte.

Als Gegenentwurf zu den politischen Problematisierungen von gegenwärtigen Männlichkeiten schlägt Sarah Horns Beitrag mit gegen sich selbst gelesenen Lektüren von Paul B. Preciados Pornotopia, Testo Junkie und Ein Apartment auf dem Uranus eine queertheoretische Perspektive auf Männlichkeiten vor, die ein spezifisches Begehren nach Männlichkeiten mit der Performativität von Gender und Medien zusammenbringt und darin anti-feministische und rassistische Ansprüche auf Männlichkeiten konterkariert.

Einen Blick in die Vergangenheit wirft Ariane Lösch mit einer Analyse des Frauenbilds in den Artikeln zur DDR-Frauenpolitik und den Repräsentationen von Frauen (Mutter, Genossin, Arbeiterin) in der von 1956–1995 erschienenen Zeitschrift Sibylle – Zeitschrift für Mode und Kultur. Der Beitrag versammelt Ergebnisse des Forschungsprojekts „Ein Stachel im System? Zum emanzipatorischen Gehalt von DDR-Frauenzeitschriften und ihre gesellschaftspolitische Rolle in der DDR“.

Paris, Berlin, Bitterfeld – Ein Modemagazin für DDR-Frauen

Ariane Lösch

In der Feministischen Bibliothek MONAliesA in Leipzig lagern fast alle Ausgaben der DDR-Frauenzeitschriften Lernen und Handeln, Sybille, Für Dich und der Zaunreiterin. Sie dienten im diesjährigen Forschungsprojekt „Ein Stachel im System? Zum emanzipatorischen Gehalt von DDR-Frauenzeitschriften und ihre gesellschaftspolitische Rolle in der DDR“ als Quellen, um ihre Konzepte von Frauenpolitik und damit ihr jeweiliges Verhältnis zum DDR-Staat und das DDR-Frauenbild zu analysieren. Zur Wirkung von (Frauen)Zeitschriften in die DDR-Gesellschaft gibt es bisher nur wenig Forschung. Der Artikel widmet sich dem Frauenbild, der Fotografie und den Beiträgen zur DDR-Frauenpolitik in der Zeitschrift Sibylle.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern bezüglich der Care-Arbeit und der Arbeitssituation in Deutschland

Leonie Schraub

Die Corona-Krise erschüttert die Welt und konfrontiert viele Länder mit gravierenden Folgen für die Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, die das Potenzial haben, die Zukunft nachhaltig zu verändern. Im Zuge dessen stellt sich die Frage, ob die Pandemie die Welt zum Positiven oder zum Negativen verändern wird und welche Rückschlüsse aus der Krise gezogen werden. Neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie für das Gesundheitssystem dominieren auch Fragen nach dem Einfluss der Krise auf die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern den medialen Kanon. Daher soll in diesem Artikel untersucht werden, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern bezüglich der Care-Arbeit und der Arbeitssituation in Deutschland hat und wie die Effekte medial repräsentiert und diskutiert werden. Dabei wird gezeigt, dass sich die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern durch die Krise verstärken und die Frauen zu den Verliererinnen der Pandemie zählen, obwohl oder gerade weil sie die überwiegenden Arbeiten im Care-Sektor verrichten.

‚Mein Handy hat schon COVID-19!‘ – Überlegungen zum digitalen Faschismus unter Bedingungen der Corona-Pandemie

Jasmin Degeling, Hilde Hoffmann, Simon Strick

Die sich steigernde rechtsextreme Gewalt sowie die zunehmende Anschlussfähigkeit rechtsextremer Einstellungen sind aus medienwissenschaftlicher Perspektive nicht ohne digitale Medien und die dazugehörige Kultur zu verstehen. Erste Diagnosen einerseits zum Erstarken von digitalem Faschismus und seinen medialen Bedingungen und andererseits zu seiner besonderen Dynamik während der Corona-Pandemie werden zur Diskussion gestellt – auch um die Dringlichkeit medienkulturwissenschaftlicher Forschung in diesem Feld zu unterstreichen.

Männlichkeiten queeren mit Paul B. Preciado

Sarah Horn

Aus medienwissenschaftlicher Perspektive über gegenwärtige Männlichkeiten nachzudenken bedeutet derzeit vor allem, mit rechtspopulistischen, faschistischen und misogynen Inkarnationen davon konfrontiert zu sein, die sich insbesondere in (Zusammenhang mit) digital-medialen Foren und Plattformen, Messengern und Blogs re/produzieren. Um den medialen Verfasstheiten nicht nur dieser zeitgenössischen weißen Männlichkeiten nachspüren zu können, schlägt der Beitrag mit gegen sich selbst gelesenen Lektüren von Paul B. Preciados Pornotopia, Testo Junkie und Ein Apartment auf dem Uranus eine queertheoretische Perspektive auf Männlichkeiten vor, die ein spezifisches Begehren nach Männlichkeiten mit der Performativität von Gender und Medien zusammenbringt und darin anti-feministische und rassistische Ansprüche auf Männlichkeiten konterkariert.